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Sprache ist in erster Linie ein Medium zur Verständigung und unser wahrscheinlich wichtigstes Kommunikationsmittel. Sprache besitzt Macht und regelt soziale Beziehungen. Worte beeinflussen und kreieren unser Bild der Wirklichkeit. Der Mensch handelt nicht bloß durch das, was er tut, sondern auch durch das, was er sagt.  Sprache prägt unser Denken und kann als Instrument zur Ausgrenzung dienen – z.B. dann, wenn sie eingesetzt wird, um andere zu diskriminieren und zu verletzen. Wenn Personen oder ganze Personengruppen durch sprachliche Handlungen ausgeschlossen, abgewertet oder erniedrigt werden, sprechen wir von sprachlicher Diskriminierung.

Wie eng Sprache und Rassismus zusammenhängen, zeigt die aktuelle Debatte um den im Grundgesetz enthaltenen Begriff Rasse. So fordern unter anderem die Grünen, den in Artikel 3 enthaltenen Begriff zu streichen. Die Bezeichnung ist problematisch, da er suggeriert, dass es biologisch betrachtet Menschenrassen gibt – eine Annahme, die wissenschaftlich widerlegt ist. Dennoch wurde die Bezeichnung nach dem Zweiten Weltkrieg mit Bezug auf die Rassenideologie der Nationalsozialisten ins Grundgesetz aufgenommen. Dass nun so intensiv über die Streichung dieses Begriffs debattiert wird, zeigt, wie mächtig Sprache ist. Natürlich kann die Bekämpfung von Rassismus nicht allein darin bestehen, Begriffe zu streichen oder zu verändern. Es wäre aber der Anfang einer reflektierten und kritischen Auseinandersetzung mit Bezeichnungen, die heute nicht mehr haltbar und angemessen sind.

Political Correctness

In der 1980er Jahren entstand in den USA der Begriff und die Bewegung der political correctness, also der politischen Korrektheit. Kritiker*innen dieser Bewegung belächeln die Durchsetzung von diskriminierungsfreier Sprache häufig und bezeichnen political correctness als kleinlich, hypersensibel und übertrieben. Dabei ist Sprache ein Ort, an dem Rassismus produziert, beibehalten und weitergetragen wird. Es ist deshalb wichtig zu verstehen, warum bestimmte Begriffe und Bezeichnungen verletzend sind. Erst auf eine solche Bewusstmachung kann anschließend eine diskriminierungssensible Sprache folgen.

Flüchtling, Geflüchteter oder Mensch mit Fluchterfahrung?

Wenn wir von einer Person sprechen, die aus ihrem Heimatland geflohen ist, sprechen wir heute größtenteils nicht mehr von Flüchtlingen, sondern von Geflüchteten. Aus sprachwissenschaftlicher Sicht markiert die Wortendung -ing eine Verniedlichung, Verkleinerung oder auch Abwertung (Lehrling, Schwächling, Feigling) und ist eher negativ konnotiert. Dies ist der Grund, warum der ehemals weit verbreitete Begriff Flüchtling inzwischen weitestgehend von der Bezeichnung Geflüchteter bzw. geflüchteter Mensch abgelöst wurde. Der Ausdruck Mensch mit Fluchterfahrung ist insofern empfehlenswert, da er die beschriebene Person nicht allein auf ihre Flucht reduziert, sondern sie in erster Linie als Mensch begreift, der eine bestimmte Erfahrung gemacht hat.

Explizite und implizite sprachliche Diskriminierung

Sprachliche Diskriminierung kann explizit –durch Schimpfwörter, Beleidigungen oder rassistische Bemerkungen – oder auch implizit – z.B. in dem man bestimmte Personengruppen durch Nichterwähnung übergeht – erfolgen. In manchen Fällen setzt die sprechende Person Worte und Begriffe mit dem Wissen und Bewusstsein ein, eine andere Person zu verletzten. In anderen Fällen verwenden Personen – und davon ist wahrscheinlich niemand gänzlich frei – Begrifflichkeiten, mit denen sie andere unbewusst und unbeabsichtigt verletzen.

Viele Begriffe sind über die Jahre zu Gewohnheiten geworden und werden im täglichen Leben gebraucht. Dies führt dazu, dass viele Menschen nicht merken, dass sie rassistische, diskriminierende und herabwürdige Begriffe im Alltag verwenden. Umso wichtiger ist es, über seine eigene Sprache nachzudenken und zu verstehen, was die einzelnen Begriffe bedeuten, woher sie kommen und warum sie das Gegenüber womöglich negativ treffen könnten.

Das N-Wort

Das N-Wort wurde lange als legitime Bezeichnung für Schwarze Menschen benutzt. Die Verwendung des Begriffs ist für Schwarze Menschen herabwürdigend. Schwarze Menschen verbinden mit dem N-Wort viel Leid, Diskriminierung, Gewalt, Ungleichheit und Entmenschlichung.  Das N-Wort geht auf die Kolonialzeit zurück. Unterdrückte und versklavte Schwarze Menschen wurden von ihren Unterdrückern nach dem N-Wort genannt. Das N-Wort ist ein absolut negativ konnotiertes, weißes Konzept, das mit Brutalität und Schmerz in Verbindung steht.

Warum sollten wir Schwarze Menschen nicht als Farbige bezeichnen?

Zu Zeiten der Apartheid in Südafrika wurde zwischen Europäer*innen (Weiße), Eingeborenen (Schwarze bzw. Afrikaner) und Farbigen unterschieden. Die Unterscheidung – Rassentrennung – diente als Basis für die Benachteiligung ganzer Bevölkerungsgruppen. Wer nicht Weiß oder Schwarz war, wurde als Farbig gruppiert. Die Farbigen wurden als Restgruppe angesehen, da sie weder der Weißen noch der Schwarzen Gruppe zuzuordnen waren. Sie hatten ein negatives Image. Den Farbigen wurden Rechte entzogen, sie wurden ausgegrenzt und diskriminiert.

Was hat es mit den Bezeichnungen PoC und BIPoC auf sich?

Vielleicht seid ihr zuletzt auch über die Bezeichnungen PoC und BIPoC gestolpert. Die kollektive Selbstbezeichnung PoC steht für Person of Color und beschreibt all jene, die sich als nicht-Weiß definieren und wegen ihrer Hautfarbe, ihrer Herkunft und/oder ethnischen Zuschreibungen Rassismus und Diskriminierung erfahren. BIPoC erweitert diese Selbstbezeichnung und ist die Abkürzung für Black, Indigenous and People of Color. BIPoC ist also inklusiver, weil durch die explizite Nennung auch Schwarze und indigene Menschen eingeschlossen werden.

Fremdbezeichnung versus Selbstbezeichnung

Im alltäglichen Sprachgebrauch gibt es viele Begriffe, die historische Bezüge in sich tragen. Sie entstammen einem rassistischen System und markieren bis heute die Abwertung von Menschen und Gruppen. Die meisten gängigen Bezeichnungen wurden von den betroffenen Gruppen nicht selbst gewählt. Im Gegensatz zu Fremdbezeichnungen und Zuschreibungen stärken und ermächtigen Selbstbezeichnungen wie PoC und BIPoC eine Gruppe – sie empowern.

Es ist wichtig, eine Sensibilität für unseren Sprachgebrauch zu entwickeln, um den Schutz der Betroffenen zu gewährleisten und Rassismus nicht durch Sprache immer wieder zu reproduzieren. Die jüngsten Ereignisse um den Tod von George Floyd, der durch Polizeigewalt starb, haben weltweit Wut, Empörung und Fassungslosigkeit hervorgerufen. Was wir jetzt brauchen, ist eine noch größere Aufklärung und klare Positionierung gegen Rassismus – nicht nur in den USA, sondern überall. Hierzu gehört auch, die Gesellschaft für diskriminierungsfreie und anti-rassistische Sprache zu sensibilisieren.

Fardina (Teammitglied bee4change) und Marthe (Projektmanagerin beeMentor) 

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